Inselnews

Günther Grass: Wir nehmen Abschied

Am Montag, den 13. April 2015 ist der grosse Literat und Lyriker Günther Grass verstorben\n \n von Anja Tuchtenhagen\n \n Der große Erzähler und Politik-Widersprecher Günther Grass, schnurrbärtig Pfeife rauchend und mit tiefgründig-bohrendem Savoir-Vivre-Blick ins Gedächtnis vieler eingebrannt, ist tot. 87-jährig hauchte der Literaturnobelpreisträger sein Leben am heutigen Montag, dem 13. April 2015 in einer Lübecker Klinik aus, wie sein Verlag am Morgen bestätigte. Todesursache soll dem Günther Grass-Haus zufolge eine Infektion gewesen sein, näheres ist noch nicht bekannt.\n \n Die Werke des 1927 in Danzig geborenen Literaten erfuhren weltweite Aufmerksamkeit. Der 1959 erschienene Roman „Die Blechtrommel“ gab den internationalen Auftakt. Seine Folgewerke „Hundejahre“ und „Katz und Maus“ bilden zusammen mit der „Blechtrommel“ seine sogenannte „Danziger Trilogie“, in der der Schriftsteller für eine Aussöhnung mit Deutschlands Ost-Nachbarn plädiert. Neben der "Danziger Trilogie" publizierte er die "Trilogie der Erinnerung" mit den autobiografischen Bänden "Beim Häuten der Zwiebel" (2006), "Die Box" (2008) und "Grimms Wörter" (2010). Neben diesen Werken wurden zahlreiche weitere seiner Bücher in alle möglichen Sprachen übersetzt und international rezipiert. Für sein Gesamtwerk erhielt Günther Grass 1999 den Nobelpreis für Literatur.\n \n Günther Grass´ Schaffen beschränkte sich allerdings nicht auf das Bücherschreiben. Sein literarisches Repertoire umfasst neben Romanen auch Gedichte, Erzählungen, Theaterstücke und Essays. Außerdem betätigte er sich auch als Bildhauer und Grafiker. Seine Bücher hat er allesamt selbst gestaltet, die Umschläge in Eigenregie entworfen.\n \n Als provokanter Literat fütterte er die Schlagzeilen deutscher Medien bevorzugt mit skandalträchtigen Inhalten. Zuletzt stand Grass 2012 im Kreuzfeuer öffentlich-medialer Kritik. Er hatte ein Israel-kritischen Gedicht veröffentlicht, das den zionistischen Staat als eine den Weltfrieden gefährdende Atommacht in die kritische Lyrik einbindet. Seine Warnung vor einem Krieg gegen den Iran, und der nuklearen Aufrüstung Israels mündet in die politische Aufforderung an die Bundesrepublik, keine U-Boote mehr an den vermeintlichen Partner im Nahen Osten zu liefern, weil wir sonst schnell „Zulieferer eines Verbrechens werden könnten, das voraussehbar ist“.\n \n Einige Jahre zuvor, 2006, geriet Grass ebenfalls unter öffentlichen Beschuss, als er in seiner Autobiografie „Beim Häuten der Zwiebel“ seine Mitgliedschaft in der SS eingestand. Die allgemeine Empörung wurde damals vor Allem dadurch befeuert, dass sich Grass zuvor stets für eine Aufarbeitung der NS-Ära eingesetzt hatte und als moralisches Gewissen galt, was dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte anbelangt. Während all den Jahrzehnten, in denen er als öffentliche Person agierte, verlor Günther Grass kein Wort über diesen dunklen Fleck in seiner Geschichte.\n \n Nicht nur sein Schriftstellertum rückte ihn seinerzeit in den medialen Fokus, sondern auch sein politischer Aktivismus. Selten war ein deutscher Schriftsteller der Politik so nah wie Günther Grass. In den Jahren 1965, 1969 und 1972 ging er für die SPD auf Wahlkampftournee. Er zählte zu den engsten Beratern des ehemaligen Bundeskanzlers und SPD-Vorsitzenden Willy Brandt. Der linke Literat Grass trat 1982 der SPD bei – und zehn Jahre später wieder aus selbiger aus: Sich für eine humanere Behandlung von Flüchtlingen einsetzend, distanzierte er sich vom Parteidiktum einer schärferen Asylpolitik. Die Friedens- und auch die Umweltbewegung waren ihm ein großes Anliegen. 1986 manifestierte sich sein Unmut über das ignorante Wüten der Menschen in der Welt in einem apokalyptischen Szenario. Mit „Die Rättin“ legt er eine literarische Fiktion vom selbstverschuldeten Untergang der Menschheit vor. So divers wie auch kontrovers seine Werke, wird auch ihr Erschaffer der Nachwelt in Erinnerung bleiben – als lebendiger Geist, mit einer bewegten Lebensgeschichte voller Widersprüche, als einer, der sich nicht scheute, sich in politisch-gesellschaftliche Sackgassen zu manövrieren.\n \n „Warum schweige ich, verschweige zu lange,\n was offensichtlich ist und in Planspielen\n geübt wurde, an deren Ende als Überlebende\n wir allenfalls Fußnoten sind.“\n \n - Dies sind die ersten Verse seines Israel-kritischen Gedichtes „Was gesagt werden muss“. Günther Grass wird nun eine Fußnote sein - eine, die vermutlich noch viele Literaturschaffende in Zukunft in ihre Werke einbinden werden. Eine, die man nicht so schnell vergisst.\n \n Bild Vorderseite: "Die Blechtrommel", das Werk, das Günther Grass internationalen Erfolg bescherte\n \n \n \n \n \n \n



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